Wärmepumpe im Altbau: Drei Schlüsselfaktoren für die Planung

von | Jul 13, 2023

Bei der Planung und Installation einer Wärmepumpe in einem Altbau sind drei Kriterien entscheidend: die gesamte Gebäudeheizlast, die spezifische Raumheizlast und die Auswertung der individuellen Heizflächen. Bewerten und optimieren Sie alle drei Aspekte sorgfältig. Dadurch gewährleisten Sie eine effiziente und kosteneffektive Lösung.
Wärmepumpe im Altbau

So gehen Sie korrekt vor

Wir haben Ihnen alle drei Aspekte sauber aufgelistet und führen Sie durch die wichtigsten Prozesse. Mit dem Hintergrundwissen gestaltet sich die Planung einfacher.

1. Die gesamte Gebäudeheizlast bewerten:

Mit der “Schweizer Formel” lässt sich die Gesamtheizlast eines Gebäudes abschätzen. Dieser Ansatz berücksichtigt mehrere Parameter, einschließlich:

  • Energieträger der Heizung
  • Nutzungsgrad der Heizungsanlage
  • Beheizte Wohnfläche in m²
  • Jahresverbrauch in kWh (am besten den Mittelwert der letzten 3-5 Jahre)
  • Anzahl der Bewohner
  • Vollbelegungsstunden 

 

Nachfolgend ein konkretes Projektbeispiel:

Energieträger der Heizung Erdgas
Nutzungsgrad der Heizungsanlage 0,78
Beheizte Wohnfläche in m² 150 m²
Jahresverbrauch in kWh  30.000 kWh
Anzahl der Bewohner 4 Personen

 

Nach der Anwendung der Schweizer Formel und der Berücksichtigung des Effizienzfaktors mit 22 % Reduktion sowie Abzug des Warmwasserbedarfs in Höhe von 3.550 kWh, benötigt dieses Gebäude etwa 19.850 kWh zur Beheizung. Bei 1.710 Vollbenutzungsstunden ergibt sich eine Gebäudeheizlast von etwa 11,61 kW. Die 11,61 kW liegt unter der „magischen“ Leistungsgrenze von etwa 20 kW, die für die meisten Wärmepumpen in Einfamilienhäusern üblich ist. Viele Hersteller haben Leistungsgrößen bis zu dieser Größenordnung für diesen Einsatzbereich. Selbstverständlich gibt es auch leistungsstärkere Wärmepumpen, für die dann aber regelmäßig besondere Maßnahmen und Bedingungen erforderlich sind.

2. Die spezifische Raumheizlast bewerten:

Entgegen der Abschätzung der gesamten Heizlast muss man bei der Bewertung der spezifischen Raumheizlast jeden Raum individuell betrachten. In einigen Publikationen für die Planung von Wärmepumpen ist ein Grenzwert von < 80 W/m² angegeben. Unter 80 W/m² ist die Auslegung einer Wärmepumpe im Altbau grundsätzlich kein Problem. Alles darüber gestaltet sich schwieriger und geht zulasten der Effizienz der Wärmepumpe. Das bedeutet, dass zuerst geeignete Dämmmaßnahmen an der Gebäudehülle durchgeführt werden sollten, um dadurch die Raumheizlast zu minimieren. Darunter fällt die Entsorgung von alten Heizkörpern. Aber auch bei diesem Beispiel bekommt man eine grobe Abschätzung, in dem die 11,61 kW Gebäudeheizlast durch die 150 m² beheizte Wohnfläche geteilt wird. In diesem Fall beträgt die durchschnittliche Heizlast ca. 77,4 W/m² und liegt somit im „Normbereich“. 

Bei diesem Ergebnis lohnt es sich in jedem Fall eine spezifische Raumheizlastberechnung durchzuführen und jeden Raum einzelnen zu berechnen. Diese spezifische Heizlastberechnung beinhaltet mehrere Schritte und berücksichtigt eine Vielzahl von Faktoren, um die Menge an Energie zu bestimmen, die ein Gebäude benötigt, um seine spezifischen Wärmeverluste auszugleichen. Unter anderem müssen die Wärmeverluste durch die Gebäudehülle, Wände, Fenster, Dach, Boden usw. bestimmt werden. Aber auch die Verluste gegen unbeheizten Nachbarräume sind genauso wichtig wie die Lüftungswärmeverluste. Für die Bestimmung der Transmissionswärmeverluste müssten die U-Werte aller relevanten Außenbauteile bekannt sein. Nach diesen mitunter sehr umfangreichen Vorberechnungen geht es weiter mit der Bewertung der Heizflächen.

3. Die einzelnen Heizflächen bewerten:

Aus den Ergebnissen der Heizlastberechnung können die Systemtemperaturen der einzelnen Heizflächen bzw. Heizkörper ermittelt werden. Diese Berechnung bezieht sich in erster Linie auf die Vorlauftemperatur. Hierbei handelt es sich um die Temperatur des Wassers, das in den Heizkörper eintritt, um die erforderliche Wärmeleistung für den Raum zu erzeugen. Die Temperatur bezieht sich rein auf das Wasser. In der Wärmepumpen-Branche hat sich eine Vorlauftemperatur von 55 Grad als Standard etabliert. Werte unter diesem Standard erhöhen die Effizienz der Wärmepumpe. Temperaturen über diesem Wert sorgen für niedrigere Systemtemperaturen.  Daher ist es notwendig, alle Heizkörper oder Heizflächen daraufhin zu überprüfen, ob sie in der Lage sind, die Raumheizlast bei einer maximalen Vorlauftemperatur von 55° Celsius effizient abzudecken.

Zur Ermittlung der spezifischen Raumheizlast und zur Beurteilung der Heizkörper müssen alle Räume einzeln vermessen oder die Maße aus vorhandenen Plänen entnommen werden. Sind Pläne vorhanden, empfiehlt es sich, die Maße stichprobenartig vor Ort zu überprüfen. Die Heizkörper müssen persönlich in Augenschein genommen werden. Dadurch wird der korrekte Typ festgestellt. Ebenso sind die Höhe und Länge der Heizkörper wichtig..

Regelmäßig wurden früher die Heizkörper etwas überdimensioniert. Das kommt uns heute bei der Auslegung von Wärmepumpen zugute. Jedoch haben die meisten Heizkörper in Bestandsgebäuden eine deutlich höhere Vorlauftemperatur als 55°. 

70 Grad Celsius° oder sogar 90 Grad Celsius° Vorlauftemperatur sind keine Seltenheit. Aber bevor man alles herausreißt und riesige konstruktive Umbauarbeiten vornimmt, sollte man sich zuerst einmal die notwendige Raumheizlast anschauen und überprüfen, ob diese auch bei der neuen maximalen Vorlauftemperatur von 55 Grad noch ausreicht. D. h., die Heizleistung des Heizkörpers muss mindestens so hoch sein wie die berechnete Heizlast. Das ist besonders bei Wärmepumpen im Altbau wichtig. Ansonsten stehen folgende Maßnahmen zur Verfügung und können einzeln oder in Kombination durchgeführt werden:

  • Heizkörper in der gleichen Größe als anderen Typ mit mehr Heizleistung einbauen
  • Größeren Heizkörper und anderen Typ mit mehr Heizleistung einbauen
  • Mehrere Heizkörper einbauen
  • Energetische Dämmmaßnahmen durchführen, um die Heizlast zu reduzieren

 

Und genau diese Vorgehensweise muss für jeden einzelnen Raum wiederholt werden. In diesem Beispiel geht es exemplarisch um das Kinderzimmer 2. Dieser Raum hat zwei Außenwände und ein Fenster. Die Grundfläche beträgt 12,6 m². Die spezifische Raumheizlast Berechnung ergibt eine notwendige Heizleistung von 77 W/m². Daraus ergibt sich eine Gesamtleistung des Raumes von insgesamt 970 W.  Der verwendete Heizkörper Typ 21 kann mit einer Bauhöhe von 600 Millimeter und eine Baubreite von 700 Millimeter eine Leistung von 713 W bereitstellen. 

Diese Information liefert folgende Erkenntnisse. Der Heizkörper war die ganze Zeit unterdimensioniert. Bei einer Vorlauftemperatur von 55° schafft der Heizkörper in der gleichen Dimension nur noch 452 W. In diesem Fall muss der Heizkörper ausgetauscht werden. Und zwar durch einen Heizkörper des Typ 33 mit einer Baulänge von mindestens 800 mm. Dieser Heizkörper hat eine Leistung von 984 W und ist somit größer als die benötigte Heizleistung von 970 W und ist damit ausreichend. Das klappt zwar nicht immer, ist jedoch meist die einfachste Variante und sollte deshalb immer als erstes überprüft werden. 

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Kompensationsmaßnahmen:

Möglicherweise funktioniert das aber nicht in jedem Raum. Vielleicht können durch vorhandene Heizkörpernischen oder sonstige bauliche Zwänge die Heizkörper nicht vergrößert werden. Möglicherweise sind auch schon die leistungsfähigsten Standardheizkörper eingebaut. Nicht immer besteht die Möglichkeit Flächenheizungen, zum Beispiel Fußboden-, Wand – oder Deckenheizungen zu installieren. Eine Alternative sind in diesen Fällen sogenannte Niedertemperaturheizkörper. Das sind Heizkörper, die bei niedrigeren Temperaturen als herkömmliche Heizkörper betrieben werden können. Sie haben größere Oberflächen und geben die Wärme über diese größere Fläche ab. Dadurch wird eine höhere Wärmeabgabe, auch bei niedrigeren Temperaturen, erreicht. Gerade in Verbindung mit Wärmepumpen haben Niedertemperaturheizkörper große Vorteile.

  Aluminiumheizkörper können durch ihre höhere Wärmeleitfähigkeit die Wärme schneller und effizienter in den Raum abgeben. Durch die geringe Masse haben Aluminiumheizkörper auch eine schnellere Reaktionszeit und können sich deshalb schneller auf Änderungen in der Heizungstemperatur einstellen. Auch sind sie etwas kompakter als die traditionellen Stahlheizkörper. Aluminiumheizkörper unterscheiden sich im Aufbau grundlegend von Plattenheizkörper. Während bei diesem Plattenheizkörper eine oder mehrere Heizplatten mit dazwischen liegenden Konfektionsblechen ausgestattet sind, haben Aluminiumheizkörper einen Rippenaufbau. Mehrere Kanäle lassen die Raumluft durch den Heizkörper strömen.

Abbildung 1 Aluminiumheizkörper als Niedertemperaturheizkörper

Ein Nachteil sind möglicherweise die etwas höheren Kosten als bei Standardheizkörpern. Aber auch die schlechte Korrosionsbeständigkeit, wenn Aluminium mit bestimmten anderen Metallen in Kontakt kommt oder wenn das Heizwasser einen hohen Sauerstoffgehalt hat. 

Ventilation- oder Gebläseheizkörper sind Heizgeräte mit einem eingebauten Ventilator.  auch Fan Coil Units (FCU) genannt, sind Heizgeräte, die mit einem eingebauten Ventilator arbeiten, um die Zirkulation der warmen Luft zu fördern. 

 

Systeme mit Heiz- und Kühlmodus

EEinige Systeme können sowohl im Heiz- als auch im Kühlmodus betrieben werden und sind ein wirksames Mittel zur schnellen Änderung der Raumtemperatur. Der Betrieb eines Heizlüfters ist relativ einfach. Warmes Wasser (oder kaltes Wasser im Kühlbetrieb) fließt durch einen Wärmetauscher im Heizkörper. Der eingebaute Ventilator saugt Raumluft über den Wärmetauscher, wodurch die Luft erwärmt (oder gekühlt) und wieder in den Raum abgegeben wird.

Abbildung 2 Ventilationsheizkörper mit Stromanschluss

Gebläseheizungen lassen sich hervorragend mit Wärmepumpen kombinieren. Die Wärmepumpen liefern meist niedrigere Temperaturen als andere Heizsysteme, und Luftheizgeräte können diese niedrigeren Temperaturen effizient nutzen.

Vorteile:

Schnelle Reaktionszeit: Luftheizungen können einen Raum schnell erwärmen, da sie die Luft aktiv umwälzen. Dies ist besonders in Gebäuden von Vorteil, in denen schnell auf Temperaturänderungen reagiert werden muss.

Effizienz: Da Heizlüfter die Wärme über die Luft verteilen, sind sie effizienter als herkömmliche Heizkörper, insbesondere in größeren Räumen oder Räumen mit hohen Decken.

Nachteile:

Geräuschentwicklung: Der eingebaute Ventilator kann Geräusche verursachen, die in einigen Anwendungen störend sein können.

Luftqualität: Wenn die Luftqualität in einem Raum schlecht ist (z.B. durch Staub oder andere Partikel), kann dies die Effizienz des Heizlüfters beeinträchtigen und möglicherweise die Luftqualität im Raum weiter verschlechtern.

Kosten: Heizlüfter sind meist in der Anschaffung und Installation teurer als herkömmliche Heizkörper. Und es wird zusätzlich ein Stromanschluss benötigt.

Diese Ventilatoren/Aktivatoren gibt es von einigen Herstellern auch als Nachrüstbausatz für bestehende Heizkörper. Aber auch hier ist die Voraussetzung ein Stromanschluss.

Der Vorteil von diesen Niedertemperaturheizkörpern liegt darin, dass man sehr oft bei gleicher Heizkörpergröße die Heizleistung mehr als verdoppeln kann. Und das, bei geringerer Vorlauftemperatur.

Zusammenfassung:

In Bezug auf die Heizlastberechnung und den Betrieb einer Wärmepumpe gilt das Prinzip: 

Das schwächste Glied bestimmt die Stärke der Kette. 

Die spezifische raumweise Heizlastberechnung ist essenziell, um die effektive und effiziente Funktion der gesamten Heizungsanlage zu gewährleisten. Wenn auch nur ein einziger Heizkörper innerhalb des Gebäudes unterdimensioniert ist, kann das erhebliche Auswirkungen auf das gesamte Heizsystem haben. Im ungünstigsten Fall kann dieser eine, unzureichend dimensionierte Heizkörper, die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe verschlechtern. Der Grund dafür liegt in der Notwendigkeit, die Vorlauftemperatur des gesamten Systems an diesen einen, ineffizienten Heizkörper anzupassen. Daher ist es von größter Wichtigkeit, eine spezifische, raumbezogene Heizlastberechnung durchzuführen.

Michael Zimmermann

Als zertifizierter Energie-Effizienz-Experte führe ich Sie durch den Förderdschungel und lege gemeinsam mit Ihnen eine für Sie optimale Sanierungsstrategie für Ihr Gebäude fest.

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Michael Zimmermann

Ich bin Michael Zimmermann, Dachdeckermeister, öffentlich bestellt und vereidigter Sachverständiger im Dachdeckerhandwerk und für Schimmelpilzschäden. Zudem bin ich Gebäudeenergieberater und Energie-Effizienz-Experte für die Förderprogramme des Bundes. Mit meiner praktischen Erfahrung weiß ich ganz genau, auf was es bei der energetischen Gebäudesanierung ankommt und auf was SIE unbedingt achten müssen…

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